Auf den 230 km vom Marathon ist alles passiert, was eine abwechslungsreiche und unvergessene Tour
ausmacht.
Idyllische, einsame Wege bei Sonnenschein, kernige Anstiege, tolle Abfahrten, Kontakte zu anderen Radfahrern,
eine entspannte ausgedehnte Mittagspause mit allem Drum und Dran, regenverschmierte Augengläser, daraus resultierende
und wieder verworfene Aufgabegedanken und aufwendig zu behandelnde Pannen.
Aller Wettervorhersagen und Schwarzseher zum Trotz wurde genau dieser Termin auserkoren. Morgens war es trocken und mit
21°C ordentlich warm. Als ich um 08:00 Uhr, schon durchgeschwitzt, am Maschsee ankam, war nur Fury anwesend.
Zur gleichen Zeit erschien Siggi in Zivil und meldete sich bei uns persönlich kurz ab. Als sich dann gegen 08:05
Uhr noch kein weiterer Fahrer eingefunden hatte, meinte Fury: "Das ist ja ein Ding! Melden sich alle an und
schwenken aufgrund der Wettervorhersage doch noch ohne Rückmeldung ab, die alten Drückeberger!" Quasi im nächsten
Augenblick kamen alle wie abgesprochen am Maschsee an. Damit waren bis auf Siggi alle angemeldeten
(Fury, Leutnant,
Schaffner, Altmeister Barnie, Kraftwerk, Speiche) erscheinen, sodass es nach einigen Diskussionen verspätet in
Richtung Südosten losgehen konnte. Der Schaffner: "Wie schnell wollen wir denn fahren? Ich stehe ja mehr auf
Latte Macchiato-Touren". "Was is'n das??". "Touren, auf denen man zwischendurch auch mal anhält und Latte
Macchiato trinken kann. Und nicht erst nach 150 km kurz vom Rad steigt, um dann die letzten 50 km abzurasen!!".
"Ja, genau, eine Latte Macchiato-Tour, die machen wir heute!"
Damit waren Alle guter Dinge, das Wetter optimal, es wurde gebummelt und geschnackt, bis Fury bereits nach 23 km in
Rössing zum Boxenstopp rief, weil er ein Schleifen bei sich am Vorderrad bemerkte. Aber schon nach wenigen Minuten
ging es ohne Schleifen in genau der unbekümmerten Weise wie zuvor weiter, bis uns nach nur 3 km ein Knall des
platzenden Reifens vom Kraftwerk erneut aus dem Rhythmus riss.
Diesmal war es ernster!! Der fast neue Reifen hatte an der Seite einen Riss und ließ vermuten, dass er schon bald
wieder Ärger bereiten könnte. Jetzt kam der Altmeister mit seinem schon seit Jahren gepriesenen Gummiflicken ins
Spiel. Der Flicken wurde von innen gegen den Riss vulkanisiert und der Reifen wieder aufgezogen. Nach dem ordentlich
Luft aufgepumpt war, sah alles sehr bedrohlich nach erneutem Platzen aus. Dem Kraftwerk wich langsam aber sicher
die Farbe aus dem Gesicht, doch der Altmeister beteuerte: "Kein Problem, der Riss ist an der Seite und das hält der
Flicken locker aus!! Vielleicht noch ewig!!". Für das Kraftwerk aber war in jedem Fall klar, dass eine neue Decke
her musste! So ging es sehr vorsichtig weiter und in beinahe jeden größeren Ort wurde nach einem Radladen gefragt.
Als wir bis Sibbesse immer noch keinen gefunden hatten, haben wir entschieden bis Langelsheim durchzufahren, um dort
die notwendige Reparatur und eine Wasseraufnahme noch vor dem Anstieg in den Harz zu erledigen.
In Langelsheim wurde schnell ein Fahrradgeschäft ausfindig gemacht, eine neue Decke gekauft und die gerissene ging sofort
ab in die Tonne. Nicht nur der Reifenwechsel, sondern auch durch "Shopping" in Bäckereien und im Supermarkt haben wir in
Langelsheim ordentlich Zeit gelassen. Das schien auch nötig, denn bis hier hatten wir schon einiges an Flüssigkeit
ausgeschwitzt und Nachholbedarf war damit dringend erforderlich.
Als alles wieder aufgefüllt war, ging es über den idyllischen Radweg, der auf einem alten Bahndamm liegt, seicht bergan
bis Lautenthal, wo uns dann in Richtung Bockswiese der längste, scharfe Anstieg des Tages erwarteten sollte.
Auf diesem Teilstück trafen wir einem Radfahrer, der sich als
Holzbildhauer entpuppte und uns nach Hankensbüttel zu einem alkoholfreien Hefeweizen eingeladen hat.
(Könnte der nächste Marathon werden!!?!?) Von Bockswiese ging es wieder abwärts nach Wildemann und dann erneut hinauf
durch das untere Innerstetal und über Lehrbach hinab nach Osterode. Damit waren der Harz als auch die meisten Höhenmeter
schon abgehakt.
In Osterode haben wir, wie geplant, in einer Seitengasse der Fußgängerzone, abseits jeden Stresses, mit Nudeln und Eis
auf frischen Waffeln, unsere verdiente, äußerst entspannte Mittagspause verbracht. Und wenn die Zeit nicht gedrängt
hätte, würden wir dort vermutlich jetzt immer noch sitzen! Bei all der Ruhe waren die plötzlich auf den Sonnenschirmen
einschlagenden, wenigen Regentropfen, der Weckruf zum Aufbruch.
Wir wollten uns so schnell wie möglich vom Harz entfernen, weil wir dachten, dass der Regen weiter nach Nordwesten
nachlassen würde, was sich später als Trugschluss herausstellte. Zuerst war der leichte Regen geradezu eine
Erfrischung nach den letzten heißen Tagen, wurde dann aber kühler und unangenehmer. In Bad Gandersheim konnten
wir dann von der Ortskenntnis des Kraftwerks profitieren, der uns vorschlug, entgegen der geplanten Route auf dem
Radweg, auch auf einem ehemaligen Bahndamm gebaut, nach Lamspringe zu fahren. Dadurch sind uns zwar gut 200 Höhenmeter
durch die Lappen gegangen, was in Anbetracht der Großwetterlage jedoch keinen wirklich störte.
In Lamspringe haben wir dann noch einmal einen Supermarkt angesteuert, um erneut Flüssigkeit aufzunehmen.
Übrigens der dritte Kaffee (Latte Macchiato) für den Schaffner! Der war bis hier schon mal zufrieden. Zu diesem Zeitpunkt
schien der Regen fast vorüber und es trocknete langsam wieder ab. Dann, ab Woltershausen wieder auf der
geplanten Route, fing es richtig an zu gießen. Spätestens jetzt wurden wir komplett bis auf die Knochen nass,
was nicht das Schlimmste war. Denn dem Schaffner
lief das Wasser in seine Sonnen-Seh-Brillen-Kombination, sodass er stellenweise Nichts mehr sehen konnte und zu mehreren
Brillenpflegestopps gezwungen wurde, damit er sich nicht im Blindflug hinter den "Sieben Bergen" durch die Gegend tasten
musste. In Adenstedt war er dann so weit, dass er mit der Bahn nach Hannover zurück wollte. Ein typischer Schaffner
eben!! Bis wir den für ihn günstigsten Bahnhof ausdiskutiert hatten, ließ der Regen auch schon wieder nach und er
konnte die Tour zum Glück durchfahren. So nass in der Bahn zu sitzen wäre mit Sicherheit auch kein Vergnügen geworden!?!
Über Sibbesse, Gronau und die Marienburg sind wir dann alle komplett gegen 21:00 Uhr am Maschsee eingerollt. Von Murren,
Meckern oder Jammern keine Spur. Trotz des Regens auf den letzten 100 km waren alle froh die Tour, gemacht zu haben. Ein
Abschiedstrunk wollte jedoch keiner mehr nehmen, alle gaben einer heißen Dusche zu Hause den Vorzug.